KRANKENKASSE MUSS KOSTEN EINER AMBULANTEN PSYCHOTHERAPIE ERSTATTEN, FALLS ZU SPÄT ENTSCHIEDEN

By | 31. Mai 2017

Krankenkassen haben über einen Antrag auf Leistung zügig zu entscheiden, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang.

Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der maßgeblichen Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten grundsätzlich verpflichtet.

Zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten ist im Jahre 2013 eine Erstattungsregelung Gesetz geworden, die sich in § 13 Abs. 3 a Satz 7 SGB V findet. Ausgangspunkt ist ein hinreichend bestimmter Antrag des Versicherten bei seiner Krankenkasse auf ambulante ärztliche Behandlung (gilt nicht für Anträge zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation). Die Krankenkasse hat über einen solchen Antrag zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in den Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Kann die Krankenkasse die Frist nicht einhalten, muss sie dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe taggenau eine neue Frist mitteilen. Erweist sich die zunächst mitgeteilte Frist aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz, kann die Krankenkasse zur Vermeidung der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit einer geänderten taggenauen Prognose erneut mitteilen.

Beschafft sich der Leistungsberechtigte nach Ablauf der letzten, hinreichend begründeten Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.

Diese Grundsätze hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 08.03.16 (B 1 KR 25/15 R) betont und damit jedenfalls pauschalen Verzögerungsbegründungen der Krankenkassen die Grundlage entzogen. Anders als in der Vergangenheit reicht also nicht der Hinweis auf Arbeitsüberlastung, Personalmangel u.s.w.. § 13 Abs. 3 a SGB V nimmt den Krankenkassen vielmehr in die Pflicht, über einen Antrag zügig zu entscheiden, und zwar bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder spätestens fünf Wochen bei Einholung eines Gutachtens. Können diese Fristen nicht eingehalten werden, so hat die Krankenkasse einen hinreichenden Grund mitzuteilen und taggenau eine neue Frist mitzueilen.

In der praktischen Auseinandersetzungen wird es nach den Vorgaben des Bundessozialgerichtes darauf ankommen, sich genau mit Beginn und Ende der jeweiligen Fristen und auch etwaigen Fristverlängerungen auseinanderzusetzen, um exakt den möglichen Zeitpunkt der Genehmigung der Leistung Kraft gesetzlicher Fiktion ermitteln zu können.

Der Sachverhalt, welcher dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 08.03.16 zugrunde lag, war durch eine Besonderheit geprägt: Die Krankenkasse hatte nach Antragseingang die Einholung eines medizinischen Gutachtens veranlasst, dies aber dem Kläger nicht mitgeteilt und somit auch keinen hinreichenden Grund für die Überschreitung der 3-Wochen-Frist unterbreitet. Allein wegen dieser unterlassenen Information galt der Antrag nach Ablauf von drei Wochen als genehmigt. Entscheidend war also, dass die Krankenkasse Unterrichtungsverpflichtungen nicht erfüllte und damit die ihr gesetzlich gegebene Möglichkeiten unausgeschöpft ließ. Ob diese Art des Vorgehens nach Bekanntwerden der Urteilsgründe noch gängige Praxis ist, bliebe abzuwarten. Man muss jedenfalls genau hinschauen, bevor man sich die ambulante Leistung selbst besorgt, dafür in Vorlage tritt und dann den Kostenerstattungsanspruch verfolgt.

Soweit die Krankenkasse erst nach Ablauf dieses Zeitpunktes den Antrag ablehnte, war dies unschädlich, da eine zu späte Mitteilung der ablehnenden Entscheidung die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion unberührt ließ.